Carsten Linden - Die Bedeutung des Beziehungsgeflechts der Osnabrücker ev.-luth. Pastoren für den Verlauf der Osnabrücker Kirchenpolitik 1907–1936

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Über das Buch

Rezension

„[...] im ganzen handelt es sich um eine extrem intensiv ausgearbeitete Untersuchung zu einem kirchenhistorisch relevanten Sachkomplex. Dem Autor ist es gelungen, eine exemplarische regionalgeschichtliche Forschungsleistung vorzulegen. Ihre Bedeutung wird noch dadurch erhöht, daß er den Blick vielfach in die Weite richtet und den begrenzten Rahmen, wie er durch den unmittelbaren Gegenstand gezogen wird, auf den Gesamthorizont der Kirchenkampfauseinandersetzungen hin überwindet. Dabei hat er die Mühen jahrelanger Archivarbeit nicht gescheut, eine Unmasse an primärer und sekundärer Literatur bewältigt, sich aber auch vor Zeitzeugenbefragungen nicht gescheut. Seine Akribie, z.B. bei der Rekonstruktion abgelegener Biographien, ist vorbildlich. [...]“

– Matthias Wolfes in: Das Historisch-Politische Buch, 62 (2014) 2

Zum Inhalt

Das erste Drittel des 20. Jahrhunderts stellte die Pastoren der beiden ev.-luth. Kirchengemeinden Osnabrücks vor die Aufgabe, immer neue Modernisierungsziele von Gemeindeleben und kirchlicher Tätigkeit zu erreichen. Zugleich erodierte die kirchliche Bindung der bürgerlichen Mittelschicht – der Gottesdienstbesuch lag 1930 bei 3% –, und die aktive Kirchlichkeit der Industriearbeiter brach mit dem ersten Weltkrieg sogar völlig weg.

Die Pastoren waren also im Wesentlichen auf sich selbst gestellt und suchten die Anforderungen durch Vernetzung untereinander zu erfüllen. Tatsächlich konnten auf diese Weise trotz des Wegbrechens von Volkskirchlichkeit zwischen 1910 und 1930 eine Reihe sozialer Projekte, Baumaßnahmen und sogar die Gründung einer neuen Kirchengemeinde auf den Weg gebracht werden.

Als 1933 teils direkt von der NSDAP, teils über die Kirchenpartei „Deutsche Christen“ versucht wurde, Zugriff auf die Kirchenvorstände und andere kirchliche Leitungsorgane zu erhalten, lavierten alle Osnabrücker Pastoren bis Ende 1933, um sich dann zu teilen. Einige erfüllten bis 1945 konsequent die im Raum stehende Forderung nach Rückzug von jeglicher öffentlichkeitswirksamer Tätigkeit. Die Übrigen stellten sich diesem Anspruch des nazifizierten sozialen Umfelds entgegen. Besonders erfolgreich war dabei die Clique der ev.-luth. Pastoren Hans Bodensieck, Julius von Loewenfeld, Hans Bornschein und Friedrich Grußendorf. Diese Pastoren hatten schon in den Jahren und Jahrzehnten zuvor das Agieren über Netzwerke eingeübt, worauf sie nun zurückgriffen. Ihr Erfolg ermunterte sie dazu, sich 1934–1935 auch zu bemühen, außerhalb Osnabrücks im kirchenpolitischen oppositionellen Feld („Bekennende Kirche“) mitzuwirken; die Clique konnte sich als einzige Opposition gegen die nazifizierte Leitung der ev.-luth. Landeskirche Hannover etablieren.

Da die Kirchengemeinden die Aktivitäten ihrer Pastoren jedoch nicht mittrugen und das soziale Umfeld sowie die…

Schlagworte

Verflechtungsanalyse, Netzwerkanalyse, Bekennende Kirche, Sozialpfarrer, Friedrich Grußendorf, Hans Bodensieck, Verflechtung, Network analysis, Soziale Frage, Ev.-Luth. Landeskirche Hannover, Osnabrück, Kirchengeschichte, Geschichtswissenschaft

  • Schriftenreihe
    Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit
  • ISSN
    1435-6627
  • Band
    71

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