Matthias Duncker - Richard-Wagner-Rezeption in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)

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Über das Buch

Zum Inhalt

Die Einstellung der ostdeutschen Kulturpolitik gegenüber Richard Wagner lässt sich als ambivalent bezeichnen: Wagners Protoantisemitismus hatte in seinen kunsttheoretischen Schriften und in seinem musikdramatischen Schaffen deutliche Spuren hinterlassen. Zudem verband ein Teil der deutschen als auch der internationalen Öffentlichkeit wegen der Verbindung zwischen Adolf Hitler und dem Oeuvre des Komponisten nach 1945 die Musik Wagners mit den Verbrechen, die das NS-Regime zu verantworten hatte. Aus diesen Gründen musste das Werk des Komponisten zwangsläufig als problematisch erscheinen. Andererseits bot die in Wagners Werk eingeschmolzene Revolutionsästhetik ein nicht zu verachtendes Potenzial der Herrschaftslegitimation. Überdies sah sich die SED aus nachstehenden Gründen gezwungen, Richard Wagner in das offizielle Erbe- und Vollstreckerkonzept zu integrieren: Zum einen war dieser Komponist als bedeutender Bestandteil der deutschen Kultur aus dem Opernrepertoire nicht wegzudenken. Zum anderen verstand sich die Staatspartei der DDR im Kontext des Kalten Krieges und der deutschen Teilung nicht nur als rechtmäßiger deutscher "Erbeverwalter", sondern sie war außerdem bemüht, sich gegenüber der BRD als der "gerechtere" Erbevollstrecker zu präsentieren. Dieses Vorhaben wäre bei einem generellen oder partiellen Verbot der Musik Richard Wagners vorab unrealistisch gewesen.

Den Ausweg, welchen die kulturpolitische Führung glaubte, gefunden zu haben, bezeichnet der Verfasser als das "Zweiteilungstheorem". Dieser Denkansatz war älteren Datums und zerteilte Richard Wagners Leben und Schaffen in eine revolutionäre (frühe) und reaktionäre (späte) Phase. Als Zeitpunkt für diese angebliche Zäsur wurde Wagners Berührung mit der Philosophie Arthur Schopenhauers im Jahr 1854 festgesetzt. Erst seit diesem Zeitpunkt habe Wagner sich zu einem Chauvinisten und (über die Stationen Nietzsche und Gobineau) zum Judenhasser entwickelt. Wagners Schopenhauer-Korrektur des Jahres 1858…

Schlagworte

Richard Wagner, Zweiteilungstheorem, Revolutionsästhetik, Antisemitismus, Kulturpolitik, Kulturerbe, SED, Musikwissenschaft, Oper, Parteiapparat, Staatsapparat, Joachim Herz, Werner Wolf, Tristan und Isolde, Ring des Nibelungen, Sowjetische Besatzungszone, SBZ, Deutsche Demokratische Republik, DDR, Neue Geschichte, Zeitgeschichte, Geschichtswissenschaft

  • Schriftenreihe
    Studien zur Zeitgeschichte
  • ISSN
    1435-6635
  • Band
    74

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